Cotton Dust - new textile Surfaces
2021 - 2022

Das Forschungsprojekt Cotton Dust - new textile Surfaces setzt sich mit der Verwendung und Verarbeitung von Baumwoll-Flusen auseinander, die als staub-ähnliche Abfallprodukte tagtäglich in großen Mengen in der Textilindustrie anfallen. Der Großteil der Flusen fällt in Frottierwebereien an. Zwei bis fünf Tonnen jährlich in nur einer Weberei. Diese Flusen gelten als Endpunkte der textilen Produktionskette, ohne dass es bisher Ideen für eine nachhaltige Wiederverwertung gäbe. Wir haben in dem vermeintlichen Müll einen neuen Ausgangspunkt für die Gestaltung innovativer, textiler Oberflächen gefunden.

In der Regel werden Reste aus der Textilindustrie – wenn überhaupt – zu Downcycling-Produkten weiterverarbeitet. Wir streben das Gegenteil an: Unser Fokus ist Upcycling! Wir als Designerinnen führen die Baumwoll-Flusen wieder in den textilen Produktionskreislauf zurück und gestalten so die komplette Wertschöpfungskette von Textilien mit.

Cotton Dust hat sich vor allem der Frage gewidmet, wie unter Berücksichtigung spezifischer Materialeigenschaften neue Flächen sowohl aus Monomaterial, als auch aus Kombinationen von Geweben entstehen können. Unser Ausgangspunkt und Fokus war dabei stets die textile Raumausstattung. 

Für die Umsetzung haben wir die Maschinen des Sächsischen Textil Forschungsinstituts in Chemnitz genutzt.

Die Flusen werden von einer Maschine, die normalerweise herkömmliche thermo-verfestigte Vliese herstellt, auf ein Trägermaterial gesiebt. Die daraus entstehenden Flächen werden im Anschluss über eine Wasserstrahl-Verfestigungsanlage zu stabilen Oberflächen geformt. Diese Maschine ist speziell für die Verbindung von kurzen Fasern entwickelt worden. Im Vergleich zu anderen Verfestigungsarten werden bei der AquaJet-Wasserstrahlverfestigung keine Bindemittel oder Schmelzfasern benötigt. Der Druck der Wasserstrahlen reicht aus, um die Fasern miteinander zu verbinden. Kontinuierliche Hochdruckwasserstrahlen treffen auf das lose Material, das auf einem Sieb unter den Wasserbalken hindurch bewegt wird. Saugventilatoren saugen das enthaltene Wasser ab. Diese Herstellung garantiert Zugfestigkeit und verleiht dem Material seinen textilen Griff. 

Ein wichtiger Bestandteil unserer Forschung war herauszufinden, welches Trägermaterial sich am besten mit dem Baumwollstaub verbindet und somit den idealen Untergrund  darstellt. Bei der Auswahl der Materialien haben wir uns aufgrund der nachträglichen Recycling-Fähigkeit für ausschließlich cellulosische Materialien, wie Jute und Baumwolle, entschieden. Zusätzlich haben wir verschiedene Gewebe-Festigkeiten getestet. Neben einer dauerhaften Verbindung von Staub und Gewebe, wollten wir auch herausfinden, ob eine Verbindung des Staubs ohne Trägermaterial möglich ist. Für diese Versuche mussten wir technisch bedingt jedoch auch mit einem synthetischen Spinnvlies als Trägermaterial arbeiten, der nach der Verfestigung wieder entfernt werden kann. 


Ein weiterer wichtiger Aspekt des Forschungsprozesses waren die gestalterischen Möglichkeiten. Das größte Gestaltungspotenzial haben wir in den Farben der Baumwollflusen gesehen. Um diese in reinen Farben zu nutzen, haben wir die Flusen während des Entstehungsprozesses direkt sortiert. Das Forschungsprojekt zeigt, dass scheinbar Unmögliches möglich ist: aus Staub eine textile, flexible und stabile Oberfläche herzustellen. Unsere Ergebnisse können im Innenraum als schallabsorbierende Wandpaneele eingesetzt werden. Als Beleg dafür, haben wir Tests im Akustiklabor der TU-Berlin durchgeführt. Die durchgeführten Tests zeigen, dass die entwickelten Textilien mit herkömmlichen Akustikvorhängen standhalten können. Den nächsten Schritt sehen wir nun in der direkten Produktentwicklung. Jetzt gilt es, Unternehmen für eine Zusammenarbeit und Weiterentwicklung zu finden.

- Svenja Boissel und Lil Petersen